Mittwoch, 14. Februar 2018

Zugzauber

Ich fahre gerne mit dem Zug und ich beobachte gerne Menschen. Zwei Dinge, die sich ganz wunderbar kombinieren lassen.
Wenn ich am Bahnsteig stehe fallen mir in erster Linie die Verhalten auf, die sich immer und immer wieder wiederholen. Die - so schließe ich daraus - müssen eine tiefere Bedeutung oder aber eine durchschlagende Wirkung haben. Sonst würden sie doch nicht von so vielen Menschen Tag für Tag und Jahr für Jahr wiederholt werden.
Die anderen, die mir auffallen, sind die ganz individuellen, die im Gegensatz zu den als erstes genannten, aus der Masse herausstechen. Dazu schreibe ich vielleicht ein anderes Mal mehr, heute soll es um die lange und oft erprobten und scheinbar für gut befundenen gehen.
Da gibt es zum Beispiel:

Das Ansaugen eines (verspäteten) Zuges:
Nicht nur, aber hauptsächlich, wenn ein Zug verspätet ist hilft es ungemein, wenn möglichst viele potentielle Fahrgäste sich ganz an den Rand des Bahnsteiges stellen und in die Richtung sehen, aus der der Zug kommen wird. Je stärker die Neigung des Saugers zum Gleis, desto stärker die Wirkung. Ich glaube, die Zeitersparnis lässt sich berechnen aus den Milli- und Zentimetern, die die Körper in die Zuglinie ragen.

Alternativ dazu hilft es auch (besonders bei Ortsunkenntnis oder allgemeiner Verwirrtheit) dabei in die Richtung zu sehen, in die der Zug fahren wird. Das soll ihm durch die ihm zugewandten Rücken zeigen, dass er sich beeilen solle, sonst würden die Fahrgäste den Weg zu Fuß antreten.

Ebenfalls sehr wirksam ist das regelmäßig wiederholte und gegen Eintreffen des Zuges in seiner Frequenz zunehmende sehen auf die Fahrplan App. Diese wiederholte Kontrolle ist sehr wichtig um zu vermeiden, dass der Zug sich ungeliebt und ungewollt fühlt und beschließt ein oder zwei Haltestellen früher seinen Dienst zu quittieren oder aber an diesem Tag in eine ganz andere Richtung weiterzufahren.

Auch das Befragen der umstehenden Wartenden war früher eine beliebte Methode, das Eintreffen des Zuges zu beschleunigen, nimmt aber in Zeiten des Wischfons, in denen das Mißtrauen in das geschriebene Wort nicht mehr so stark vertreten ist, deutlich ab.


Die Bremshilfe für einfahrende Züge:

Sofern sich nicht die Sauger als lebende Rammböcke für den einfahrenden Zug zur Verfügung stellen ist es unbedingt nötig, sich kurz vor und während des Einfahrens des Zuges erst in ein paar Schritten ganz an den Bahnsteigrand und dann IN Fahrtrichtung zu bewegen (ganz unabhängig davon, wo am Bahnsteig man sich zuvor aus welchem Grund positioniert hat) und dann plötzlich, sobald er langsamer wird, wieder in die Gegenrichtung. Bei diesem Zauber dürften die Vorschriften und Anleitungen etwas widersprüchlich sein. Man sieht immer wieder Zauberlehrlinge die noch in Fahrtrichtung tapsen, während andere schon die Richtung gewechselt haben, zurückgehen und irgendwann unweigerlich mit der ersten Gruppe zusammenstoßen.
Unwissende (wie ich), die diese Phänomene nur von außen betrachten, bleiben am besten ein bis zwei Meter weiter hinten stehen, denn ein herantreten an den Bahnsteigrand ohne sich dann dieser Wellenbewegung anzuschließen, führt unweigerlich zu großer Verwirrung, Aggression oder gar Panik der Hin- und Herwankenden. Sie fühlen sich und ihren Zauber nicht ausreichend gewürdigt, was im wiederholten Falle zu Lebenskrisen führen kann und daher unbedingt vermieden werden soll.

2 Kommentare:

  1. Hmmm, ist das Verhalten der Leute so? Ist mir noch nie aufgefallen. Oder liegt es daran, dass die Deutsche Bahn stets pünktlich ist? :-)))))

    Vermutlich liegts daran, dass ich mich immer lieber etwas abseits der wartenden Horden aufhalte. Wie auch immer, ich werde das nächste Mal drauf achten :-)

    Liebe Grüße
    Volker

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Lieber Volker,
      vielleicht gibt es im hohen Norden wieder ganz andere Zauberrituale? Schau doch mal genauer hin und dann berichtest du mir! ;)

      Löschen